Wer Sichtbarkeit fordert, sollte ins Rampenlicht: Ein Appell an Beraterinnen

Die #BeraterBeraterin

Wer Sichtbarkeit fordert, sollte ins Rampenlicht: Ein Appell an Beraterinnen

21. Januar 2021

positonierung für Frauen im consulting
Wer Sichtbarkeit fordert, sollte ins Rampenlicht (Bild: Ostap Senyuk – Unsplash)

Warum trauen sich viele Frauen nicht viel stärker ins Rampenlicht und überlassen die Bühne ihren männlichen Kollegen? Als #Beraterberaterin halte ich in meiner neuen Kolumne auf Consulting.de ein Plädoyer für mehr Sichtbarkeit weiblicher Beraterinnen.

Eine meiner meistgeklickten Kolumnen letztes Jahr hieß „Der Highlander oder die Musketiere?„. Es ging um die Präsenz von Professional Services-Playern auf LinkedIn und die Spielregeln – inklusive der Kardinalfrage: 

Pusht man besser den #SocialCEO/Country Manager oder einzelne Berater*innen?

Was mir nach vielen – trotz der Online-Verlagerung von Präsenz auf MS-Teams und Zoom super effizienten – Workshops immer mehr auffällt: 

Es gibt geschlechtsspezifische Unterschiede. Beraterinnen agieren hier z.T. völlig anders als ihre männlichen Pendants.
Und das treibt mich um.

Warum erlebe ich so viel Zurückhaltung und bleiben Julie Sweet, CEO von Accenture, (143.407 Follower) oder Julie Teigland, Head of EMEIA bei EY (15.720 Follower) die Ausnahme?

Warum werfen sich männliche Berater – egal auf welchem Hierarchielevel – mit viel mehr Verve ins eigene Social Media-Positioning? 

Aktuell zeigt Personal Branding bei Google 14,3 Millionen Hits. Warum aber scheuen sich die weiblichen Protagonistinnen der Branche noch immer deutlich? Aktuell ist das Geschlechterverhältnis auf LinkedIn 57 Prozent Männer vs. 43 Prozent Frauen.

Hier kommen meine fünf Thesen, basierend auf meinen Beobachtungen als #BeraterBeraterin – ohne Anspruch auf statistische Validität oder Vollständigkeit. 

Frauen in Professional Services sind beim Social Media-Positioning noch häufig…

… zu bescheiden

Nach Social Media-Vorträgen und LinkedIn-Team-Coachings schreiben mich Teilnehmer sehr häufig an mit der Bitte um Tipps oder das Review von persönlichen Profilen. Das Verblüffende: 95% der Anfragen kommen von Männern. Dass diese Beratung nicht kostenlos ist, und sie ggf. noch gar kein Budget dafür besitzen, kümmert sie nicht. Sie fragen einfach. 

Frauen tun das nicht. Das sollten sie aber. Denn: Fragen kostet nichts.

… zu perfektionistisch

Beraterinnen stehen sich z.T. selbst im Weg, wenn sie ihren Social Media-Auftritt und die Tonalität jedes Posts intensiv überdenken. Umgangssprachlich formuliert: Männer hauen auch einfach mal etwas heraus. Verstehen Sie mich bitte richtig: Ich lade gewiss keine Beraterin zu einer nicht-durchdachten Content-Strategie ein.

Aber Social Media funktioniert nach eigenen Gesetzen. Eins davon ist Geschwindigkeit. Ein anderes ist Regelmäßigkeit. So perfekt also der eine Post pro Woche formuliert sein mag: Der Algorithmus erbringt nie die Reichweiten wie bei Männern, die dreimal wöchentlich posten. Daher können sich Beraterinnen an dieser Stelle durchaus die 80/20 Regel zu eigen machen: Wenn Inhalte, Kontext und Purpose stimmen, dann darf gepostet werden, auch wenn nur zwei statt acht weiteren Augen draufgesehen haben. 

zu besorgt, auf ihr Äußeres reduziert zu werden

Sind die aktuellen LinkedIn-Stars des DAX – Herbert Diess (VW) und (Tim Höttges (Deutsche Telekom) – klassische Hollywood-Beaus á la George Clooney? Machen sie sich darüber eine einzige Sekunde Gedanken, wenn sie ihren 152.352 respektive 95.085 Followern Selfies im eigenen Feed präsentieren? Beides vermutlich nein! 

Und die Business-Frauen? Nicht zuletzt die Diskussion um das Outfit von Kamala Harris auf dem Cover der US-Vogue zeigt Frauen schmerzlich, wie viel eher sie auf ihr Äußeres reduziert werden als ihre männlichen Gegenparts. 
Entsprechend zögerlich sind sie oft bei Selfies. Dabei erzeugen gerade diese unfassbar viel Reichweite. Auch hier hilft die 80/20 Regel: Passen Content und Intention, dann darf gepostet werden, auch wenn das Styling nur 80 Prozent perfekt ist.

... zu beschäftigt

Studien belegen: In der Pandemie tragen Frauen häufiger als Männer die Doppel- und Dreifachbelastung von Job, Homeschooling der Kids und Haushalt. Oft führt dieses Ungleichgewicht auch dazu, dass ihnen Zeit für ihre Sichtbarkeit auf LinkedIn fehlt. Daher haben aktuell berufsbezogene Posts von Frauen in den letzten zehn Monaten deutlich abgenommen. Die von Männern haben hingegen zugenommen. 

Klar muss man/frau sich zwei bis drei Stunden pro Woche für LinkedIn ‚herausschneiden‘. Aber es ist eine unfassbar effiziente Chance, Zeit in Sichtbarkeit umzuwandeln.

… zu wenig pro-aktiv 

In meiner Arbeit in Beratungsunternehmen, wo professionelle ‚Corporate Ambassador‘-Programme aufgelegt werden, erlebe ich ausschließlich Männer, die sich pro-aktiv selbst ins Spiel bringen. Beraterinnen dagegen stellen so gut wie nie die Frage nach dieser vom Unternehmen bezahlten Unterstützung. Es gibt extrem wenige, die auf einer sichtbaren Präsenz im Kommunikationsportfolio pochen. 

Ähnliches berichtet übrigens Lina Babcock in ihrem Buch „Women don’t ask“: Im Vergleich zu 57 Prozent der Männer führten nur sieben Prozent der Frauen bei ihrer ersten Anstellung Gehaltsverhandlungen. 

Was also können Beraterinnen jetzt für ihr Social Me im Rampenlicht tun?

1. Seien Sie unverwechselbar

Professional Services wird immer mehr zu Commodity. Deshalb ist Ihre Unverwechselbarkeit (Ihre ‚Marke‘) Ihre wichtigste Eigenschaft: Seien Sie das ‚Gesicht‘, das der Markt und relevante Stakeholder wahrnimmt.

Hier hilft Ihnen Human-to-human-Marketing: Mit Ihrem ‚Social Me‘ positionieren Sie sich nicht als abstrakte Marke, sondern als Mensch und ‚Beraterin of choice‘, der man/frau vertraut. Haben Sie immer die Parallele zu Watzlawicks ‚man kann nicht nicht kommunizieren‚ im Hinterkopf; sprich: ‚man kann sich nicht nicht darstellen‘! Auch eine Nicht-Präsenz in den Sozialen Medien ist eine Aussage über Sie. Und sei es nur gegenüber der Einkaufsabteilung oder dem Unternehmen, in dem Sie die Leitung eines großen Projektes übernehmen.

Also übernehmen Sie Ihr Personal Branding und Ihr Positioning lieber selbst. Vielleicht ja auch mit Hilfe von Storytelling (siehe dazu auch meine Kolumne: „Modernes Storytelling: Was Berater von Cowboys lernen können„).

2. Agieren Sie als aktive Mentorin und Corporate Influencerin

Als Mentorin (und aktive Corporate Influencerin) sind Sie ein echtes Asset für das Employer Branding Ihres Arbeitgebers. 

Frauen sind die größte Potenzialgruppe für Professional Services. Vorhandene Frauen zu binden und neue zu rekrutieren, ist daher ein Gewinn. Und Sie helfen als Mentorin aktiv dabei, dass weitere Frauen die gläserne Decke durchbrechen. 

Zwar beläuft sich der Frauenanteil weiblicher Hochschulabsolventen bei Neueinstellungen mittlerweile auf 49 Prozent (Quelle: BDU, 2020). Aber auf dem Weg nach oben ist massiver Schwund. Der Frauenanteil auf der Top- Führungsebene beläuft sich nur auf 15 Prozent laut Wissenschaftlicher Gesellschaft für Management und Beratung (WGMB).

Zu einer erfolgreichen Mentorin gehört konsequenterweise auch das eigene Social Media-Positioning, allein schon als Beweis für Erfolg und Sichtbarkeit gegenüber Klienten und Targets.

3. Verkommen Sie nie zur lebendigen Presse-Mitteilung

Ausschließlich Posts zur eigenen Beratungs- oder WP-Marke abzusetzen – gegebenenfalls sogar noch ausschließlich durch die Social Media-Redaktion oder externe Agenturen geschrieben – ist eher weniger der Weg zu engagierter Followerschaft. Ein ideales Social Me sollte maximal 70 Prozent Unternehmensthemen transportieren. Den Rest bestimmen Sie mit Ihren eigenen Themen, die zu Ihrem Markenkern passen.

Taucht doch einmal der Vorwurf der Selbstinszenierung auf, weil Sie vier Mal im Monat eine Quote-Card mit Ihrem Bild oder ein Selfie im beruflichen Kontext posten: Zucken Sie mit den Achseln. Was für männliche Berater legitim ist, kann für weibliche nicht falsch sein. 

4. Unterstützen Sie Ihre/n #SocialCEO

Natürlich bleibt der/die #SocialCEO einer Beratung oder eines Big 4-Player die zentrale Person für das Reputationsmanagement und die Differenzierung im Wettbewerb. 

Aber er/sie alleine reicht eben nicht aus. Gemäß dem von mir geschätzten Musketier-Prinzip „Eine(r) für alle, alle für eine(n)“ helfen Sie Ihrem/r CEO, wenn Sie mit starker Social Media-Präsenz visibel an seiner/ihrer Seite stehen. 

Und wenn Ihr CEO ein Mann ist, gilt das umso mehr, sowohl im Sinne von Diversität, Kulturwandel, Agilität wie auch im Sinne von Klienten- und Mitarbeitergewinnung. 

5. Lassen Sie sich zu Ihrer optimierten Sichtbarkeit beraten

Stop seeing the return as a destination. Start imagining the business as it should be in the next normal“ zitiere ich in meiner Kolumne „Es ist Zeit für den Female Shift im Consulting – Sechs Hebel für mehr Frauen im Cockpit„.

Machen Sie es doch im #nextnormal ein wenig wie Männer: Holen Sie sich kompetente Leute in Ihr Team für alles, was Sie selbst (noch) nicht perfekt können. Gerade Männer sind exzellent im Vernetzen und im punktuellen Zuschalten von externen Experten. Das können Frauen im Professional Services durchaus von ihnen lernen. Und zwar zu 100 Prozent. So werden Sie garantiert zur Kuratorin ihrer eigenen Geschichte und bestimmen das eigene Narrativ. Und last but not least: HAVE FUN!


Autorin: Susanne Mathony

Susanne Mathony
Susanne Mathony

Die Positionierung von Marken und Menschen sind meine Leidenschaft. Seit mehr als zwei Jahrzehnten lebe ich mit CEO-Positionierung, strategischer Marketing- und Kommunikationsberatung, PR und Business Storytelling meine Berufung aus.
Hinzugekommen ist 2014 die Social Media-Beratung. Hier liegt der Schwerpunkt auf dem #SocialCEO sowie dem Personal Branding und -Positioning von Vorständen und Teams auf LinkedIn.Meine Heimat ist Professional Services. Auf GSA- und EMEA-Ebene arbeitete ich u.a. für AlixPartners, Andersen Consulting (heute Accenture), Strategy& sowie Russell Reynolds Associates.
Als Politologin und ausgebildete Journalistin startete ich meine Karriere in einem Think Tank in Washington D.C..


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