Die #BeraterBeraterin
„If you confuse, you lose“: Warum sich Consultants spitz positionieren sollten
15. Juni 2023
Zahlen schmerzen zuweilen. Sei es, dass der Umsatz nicht stimmt. Oder wenn die eigene Positionierung als Beratungsmarke so unscharf ist, dass sie keine Umsatzimpulse sendet.
Nach ihrer Markenbekanntheit bei Neukunden befragt, sagen
- 40 % der Consulting-Firmen, diese sei „moderat“
- 29 % „leider nur niedrig“
und - 8 % der Berater geben in der Trendstudie der Cardea AG mit der Rotterdam School of Management zu: „Faktisch sind wir unbekannt“.
Die Feedback der Klienten ist auch nicht rosiger.
Jeder zweite Käufer von Beratungsleistungen kritisiert:
„Mir fällt es schwer, die Richtigen finden. Es fehlt eine eindeutige Differenzierung zwischen den Beratungshäusern. Zumindest erkenne ich keine.“
Das Mantra einer jeden Positionierung „be different or die“ ist also noch nicht umgesetzt.
Es bleibt viel Wachstumspotential – und damit Geld – auf der Straße liegen. Denn: Mit einer differenzierten Positionierung und einer starken Marke können Consulting-Player 20 % mehr Umsatz generieren. Bei konsequenter Umsetzung im Peak sogar bis zu 40 %.
Um eine spitze Positionierung kommt also keine Beratung herum. Wie Michael Porter formuliert: „Bei der Strategie geht es darum, […] sich bewusst dafür zu entscheiden, anders zu sein„.
Vor dieser bewussten Entscheidung, „anders zu sein“, ducken sich noch zu viele weg.
Die Klärung, welche Probleme ein Beratungsunternehmen für welche spezifische Zielgruppe mit welchem Ansatz löst, bleibt aus. Welche Herausforderungen ergeben sich, wenn Consultants „If you confuse, you lose“ beherzigen und in den Positionierungsring steigen?
Was sind die größten Fallen und was die vier Benefits einer perfekt Brand?
Hier die fünf größten Herausforderungen einer Positionierung
1. Einhörner im Überfluss
Der Consulting-Markt ertrinkt in einem Meer von Optionen. Daher muss eine Beratungsmarke eine leuchtende Boje sein, die Unternehmen sicher in eine erfolgreiche Zukunft navigiert, anstatt in der Flut der Wettbewerber unterzugehen. Nur wer sich klar differenziert, sticht aus der Masse heraus.
Wie nannte es letzthin der Klient einer jungen Beratung? „Ich will ein echtes Einhorn mit einem leuchtenden Laserstrahl auf der Stirn sein!“ Was er mit der Analogie zum Spielzeug seiner dreijährigen Tochter meinte? Beratungsmarken sollten Unicorn-Branding betreiben; d.h. sich messerscharf positionieren, um potenzielle Klienten von den Vorteilen einer Zusammenarbeit zu überzeugen.
2. Tango mit Giganten: Konkurrenzdruck gegen die Global Players
Ganz gleich, ob Sie eine Ein-Mann-Beratung, ein mittelgroßer Player oder eine Spezial-Boutique sind: Die Giganten – die Global Player wie die MBBs – dominieren bereits die Tango-Tanzfläche. Mit ihren umfangreichen Ressourcen, langjähriger Erfahrung und ihrer starken Marktposition setzen sie die Standards.
Wenn Sie im Wettbewerb gegen sie bestehen wollen, benötigen Sie eine von A bis Z durchdeklinierte Positionierungsstrategie und eindeutige Alleinstellungsmerkmale, die sichtbar hervorstechen.
3. Ein „Why“, das Simon Sinek Bauchschmerzen bereitet
Meine Lieblingsfrage zu Beginn eines jeden Positionierungsworkshops: „Wie lautet Ihr 90 Sekunden-Elevator-Pitch? Was ist Ihr WHY?“
Das Gros schaltet dabei vom Flight- in den Fight-Modus. Leider! Viele Berater – gerade von den mittelgroßen Marken in der „Sandwich“-Falle – fühlen Legitimationsstress. Sie glauben sich rechtfertigen zu müssen, um so potenzielle Klienten zu überzeugen.
Wer aber beim WHY zuckt, hat seine Positionierung vermutlich – noch – nicht im Griff. Und nein, Aussagen wie „wir sind international“ oder „wir stehen für Qualität“, ergeben kein differenzierendes WHY. Um Vertrauen in die eigene Problemlösungskompetenz – und das ist die Essenz einer starken Positionierung – zu erzeugen, braucht es mehr.
4. Der Dschungel der Austauschbarkeit
Der Beratungsmarkt gleicht einem gnadenlosen Dschungel, in dem sich Strategie-, IT-, Restrukturierungs- und Change-Beratungen tummeln. Wer sich hier als Generalist verkauft, jedoch letztendlich zu klein ist, um wirklich einer zu sein, macht sich zum Don Quichotte. Er kämpft in Pitches gegen Windmühlen und wird ein Opfer der Austauschbarkeit.
Eine perfekt positionierte Beratungsmarke hingegen zeichnet sich durch klare Spezialisierung bei umfassender Expertise aus. Sie kennt ihre Zielgruppe bis ins kleinste Detail und bietet maßgeschneiderte Lösungen für spezifischen Herausforderungen.
Im Dschungel gibt es stets nur eine Antwort, und diese lautet: Fokussierung!
5. Der Stein des Sisyphus: Der Kampf um Vertrauen
Wer Marktanteile halten oder zugewinnen will, muss sich das Vertrauen seiner potenziellen Klienten erkämpfen. Und das jeden Tag, so wie Sisyphus seinen Stein den Berg heraufrollen musste.
Da sich Vertrauen nicht erzwingen – und auch nicht durch LinkedIn-Ads erkaufen – lässt, braucht es nachweisbare Expertise, transparente Kommunikation und erfolgreich abgeschlossene Projekte.
Wer zu Tode anonymisierte Cases voller Berater-Denglisch-Floskeln auf seine Website oder ins Pitch-Deck packt, braucht sich über eine schwache Conversion to Leads-Rate nicht wundern.
Drei Fallen, die Sie bei Ihrer Positionierungsarbeit vermeiden sollten
Wer nicht länger unter „If you confuse, you lose” leiden mag, sollte u.a. diese drei Fallen bei seiner Positionierungsarbeit vermeiden. Es gibt noch ein knappes Dutzend mehr. Aber darüber sollten wir in Ruhe sprechen.
Hier ein Vorgeschmack.
1. Meiden Sie die „Ich“-Perspektive wie die Pest
Unternehmen, die eine Beratung suchen, brauchen einen starken Partner für eine wichtige Transformation oder leiden unter einem handfesten Problem. Und das wollen sie gelöst haben.
Streichen Sie daher das „What we do“ und die langweilig-egozentrierte „Ich“-Perspektive aus Ihrem Repertoire.
Argumentieren Sie ergebnisorientiert. Senden Sie überzeugende Nutzenbotschaften, indem sie beschreiben, wie sie das Problem lösen.
Alles andere ist Commodity und definitiv das Gegenteil einer starken Marke.
2. Everybody’s darling is nobody‘s friend
Wie provoziert ein Branchenkollege: “Denn Schachfiguren, Leuchttürme, Segelschiffe und dunkelblaue Webseiten haben alle – die Ar**geweihe der Beratungsbranche.“
Erzählen mir Neukunden, ihre New Business-Pipeline sei dünn, schauen wir in unserem Marketing-Audit extra-scharf hin.
Da finden wir Belege für das „Everybody’s darling is nobodys friend“-Dilemma.
Besonders mittelgroße und kleinere Beratungen versuchen oft, es allen Klienten recht zu machen. Aus Angst vor dem Verlust vor Chancen, halten sich Partnerschaften alle Optionen offen.
Die Ambition: Mit den Giganten Tango tanzen – siehe oben.
Die Realität: Sie enden undifferenziert bei einem übervollen Service-Portfolio. Die Positionierung bleibt unscharf und die Zielgruppenansprache viel zu breit.
So erodiert die Rentabilität schneller als man schauen kann.
3. Wechseln Sie täglich Ihre Schuhe, aber nicht Ihre Positionierung
Wissen Sie, warum ich lieber im Meer meine zwei Kilometer schwimme? Es gibt keinen Anpfiff vom Bademeister, wenn ich im Zickzack aus der Felsenbucht schwimme. In ihrer Positionierung bleiben viele ebenso ungern auf ihrer Bahn.
Was meine ich damit?
Gerade kleinere und mittlere Beratungen neigen dazu, in Workshops mit viel Blut, Schweiß und Tränen ihre Positionierung, die Zielgruppendefinition und ihre Offerings zu überarbeiten. Aber spätestens drei Wochen nach der Offsite wird alles wieder ad acta gelegt. Das Gros der Partner kehrt zum alten Stil zurück und erzählt die eigene Interpretation des „WHY“. Das aber hilft weder der Positionierung, noch der Reputation geschweige denn der Win Rate.
Vier messbare Vorteile einer perfekt positionierten Consulting-Marke
1. Unicorn Branding: Marktpräsenz und Sichtbarkeit
Eigentlich ist die Gleichung simpel:
Saubere Positionierung = Marktpräsenz = hohe Reputation = starke Umsätze.
Eine differenzierte Beratungsmarke ist für potenzielle Klienten im Markt leicht erkennbar. Dabei hilft das Unicorn-Branding.
Wie ein Einhorn sollten jede Consulting-Brand spezielle, unverwechselbare Merkmale haben.
Dadurch eröffnen sich zahlreiche Geschäftschancen. Ein Weg dahin ist die strategische Sichtbarkeit in Leitmedien oder auf LinkedIn.
Und Sie aus meiner Kolumne „Consulting-CEOs gehören ins Rampenlicht“ wissen: In den modernen Marketing-Mix gehört auch ein aktiver Social CEO.
2. Die Goldgrube: Das Premium-Pricing
Medien lieben die Anschrift von Biontech: „An der Goldgrube“. Schöner lässt sich eine Marktkapitalisierung von 26,33 Milliarden nicht beschreiben.
Auch für Unternehmensberatungen gilt:
Nur wer sich klar differenziert, wird glaubhaft zum Premium-Anbieter.
Nur wer den Mehrwert für seine Klienten beweist, indem er alle pain points erkennt und löst, verdient sich (s)ein Premium-Pricing.
3. Wer seine Territorien sichtbar absteckt, gewinnt neue Klienten
Wer sich präzise positioniert, richtet sich damit auch klar für seine spezifische Zielgruppe(n) aus. Eine starke Brand ist eine, die die Bedürfnisse und Herausforderungen ihrer potenziellen Klienten wirklich versteht und maßgeschneiderte Lösungen anbietet. Dies führt zu einer höheren Win Rate und neuen Märkten/Kundengruppen.
4. Das Aus der grauen Maus: Reputation und Einfluss
Wer sich zum „Aus der grauen Maus“ durchringt, wird zur anerkannten Autorität. Die Partnerschaft agiert als gefragte „visible experts“. Sie hat bei Klienten wie Multiplikatoren eine starke Reputation.
Diese Beratungsmarken haben echt Einfluss auf den Markt, gestalten Trends und gewinnen im „War for Talents“.
Denn: Graue Mäuser werden keine Marktführer mit dem Privileg, den Ton anzugeben. Einhörner schon.
Fazit: Ja, die Positionierung einer Unternehmensberatungsmarke ist ein komplexes Spiel, aber …
… durch eine wirkliche Differenzierung profitieren Beratungen von vier Vorteilen: Marktpräsenz, Premium-Preise, neue Klienten samt mehr Umsatz sowie höhere Reputation. Wer sich perfekt positioniert, entscheidet sich für den Königsweg zu messbaren Erfolgen und gewinnt das Spiel. Seien also so mutig wie diszipliniert und entscheiden sich als strategisch positionierte Beratungsmarke bewusst für ihre „einzigartige“ Identität. Denn Sie wissen ja: „Alle anderen gibt es schon!“
Autorin: Susanne Mathony
Die Positionierung von Marken und Menschen sind meine Leidenschaft. Seit mehr als zwei Jahrzehnten lebe ich mit CEO-Positionierung, strategischer Marketing- und Kommunikationsberatung, PR und Business Storytelling meine Berufung aus.
Hinzugekommen ist 2014 die Social Media-Beratung. Hier liegt der Schwerpunkt auf dem #SocialCEO sowie dem Personal Branding und -Positioning von Vorständen und Teams auf LinkedIn.Meine Heimat ist Professional Services. Auf GSA- und EMEA-Ebene arbeitete ich u.a. für AlixPartners, Andersen Consulting (heute Accenture), Strategy& sowie Russell Reynolds Associates.
Als Politologin und ausgebildete Journalistin startete ich meine Karriere in einem Think Tank in Washington D.C..