Doomsday-Rhetorik adé: Warum es jetzt Klartext braucht

Die #BeraterBeraterin

Doomsday-Rhetorik adé: Warum es jetzt Klartext braucht

15. Januar 2024

Aller Orten liest man Doomsday-Rhetorik.

„I am tired“ wurde letztes Jahr so oft gegoogelt wie noch nie. Berater flüchten sich noch zu häufig in Buzzwords und Beratersprech. In meiner BeraterBeraterin-Kolumne auf Consulting.de fordere ich Klartext von der Consultingbranche, statt mehr vom ewigen „same same“.

An sich ist die Antwort auf alles „42“!

Bei Beratern lautet diese in Zeiten einer omnipräsenten Doomsday-Stimmung:

„Beschleunigung ist gleich Katalysatoren mal Roadmaps mal Orchestrierung.“ 

Oder „Wir arbeiten […] an ganzheitlichen Performance-Transformationen […]. Viele Unternehmen ‚denken‘ deutlich fundamentaler und transformatorischer als bisher.“

What!?

Beide Aussagen entstammen einem großen Handelsblatt-Interview. Beides antwortete McKinsey-Deutschland-Chef Fabian Billing auf die Frage, was dem Wirtschaftsstandort Deutschland helfen könne.

Nach Ewigkeiten in der Beratungswelt – davon mehr als 15 Jahre als CMO auf EMEA-Ebene – weiß ich, was mit

Beschleunigung = Katalysatoren x Roadmaps x Orchestrierung.

gemeint ist.

Aber: Als gelernte Journalistin schmerzt mein Nacken.

Wie heißt es: „Einer muss sich plagen, der Schreiber oder der Leser.“

Lese ich solche Sprach-Pirouetten, denke ich an den Sprachpapst Wolf Schneider. In seinen Bestellern wie „Deutsch für Profis“ erklärte er, was guter Stil sei. Sein Feindbild: Das „akademisch Verblasene„. Was er ablehnte: „Sprachmoden„. Obige Zitate hätte er gestrichen oder die Umformulierung gefordert. Aber: Denglisch und Buzzwords leben im Professional Services munter weiter.

Sollten es Consultants daher wie Ernest Hemingway halten?

Sein Tipp: Im Stehen schreiben. So fielen einem automatisch kurze Sätze ein. Eine einfache Strategie, aber auch eine unbequeme.

Meine Überzeugung: Ob auf dem Laufband im Office oder im Stehen schreiben ist zweitrangig. Auch, weil CEO- oder Partner-Interviews immer über die Schreibtische von PR-Experten gehen.

Denn:

Klarheit gewinnt immer gegenüber Cleverness.

Nicht nur, weil ich schöne Sprache liebe, sondern aus zwei objektiv-professionellen Gründen.

Erstens: Die Hütte brennt.

Zweitens: Markendifferenzierung – auch durch eine starke Brand Tonality statt fast schon Mainstream gewordene Doomsday-Rhetorik – ist wichtiger denn je.

Brennt die Hütte, braucht es die Feuerwehr. Aber keine, die nur den Hydranten bewundert.

I am prepared for the worst, but hope for the best“.

Mit diesem Zitat von Benjamin Disraeli, einem Ex-UK-Premier, kommentierte letzte Woche ein Senior-Partner von McKinsey auf LinkedIn das Doomsday-Szenario der Weltbank. Diese hatte ihren neuen Report lanciert. Er gipfelte in der Untergangsformulierung: „Global Economy Set for Weakest Half-Decade Performance in 30 Years“.

Bitte dieses nicht als Rant verstehen – weder gegen McKinsey noch den spezifischen Partner – aber „Butter bei die Fische“ sieht anders aus. Die offene Einladung der Weltbank, Lösungen für die nötigen „major course correction“ zu skizzieren, blieb ungenutzt.

Der wichtige Mindset-Shift, den meine Oktober-Kolumne „Mind your mindset: Warum Consultants an ihrer Zukunftserzählung arbeiten sollten“ beschreibt, steht also noch aus.

I am tired“ wurde 2023 so häufig gegoogelt wie nie – Schwarzehen und Erschöpfung als Permavucalution

Eine Reaktion ist die von Mark Zuckerberg. Seine neue Ranch auf Kauai wird über einen 5.000 qm-großen, unterirdischen Bunker inklusiver eigener Energie- und Nahrungsversorgung verfügen.

Wer hingegen kein Bunker-Budget von 270 Mio. US$ besitzt, braucht andere Lösungen.

In der Stapelkrise können sich Unternehmensberatungen als Navigatoren beweisen. Starke Inhalte in klarer Sprache wären der Leuchtturm im Meer von Komplexität und Unsicherheit. Durch konkrete Lösungsansätze und strategische Weitsicht können Consultants Unternehmen nicht nur helfen, aktuelle Probleme zu bewältigen, sondern auch resilienter für künftige Krisen zu werden.

Da ist das Zitat des 1881 verstorbenen Staatsmannes Disraeli für einen McKinsey-Senior Partner ein bisserl zu wenig.

Zugespitzte, Mutmachende Lösungsvorschläge boosten die drei zentralen R’s; sprich beeinflussen die Reputation, schaffen Relationships und verhelfen zu zusätzlichen Revenues.

Gerade in der Krise gilt die Gleichung: Menschen kaufen von Menschen

  • Menschen wollen nicht mit einem Logo kommunizieren.
  • Auch im B2B wünschen sie sich emotionale Beziehungen zu einer Marke.
  • Daher erwarten sie Lösungen und ausdifferenzierte Zukunftserzählungen.

Neben der Heldenfunktion ist Markendifferenzierung das wichtigste Argument

Die Cardea-Studie zum Beratungsmarkt zeigt eine für Positionierungsexperten beunruhigende Tendenz: 40% der Berater bewerten ihre Markenbekanntheit bei potenziellen Neukunden als moderat; fast 30% als niedrig und nahezu 10% als faktisch nicht-existent. Diese Zahlen illustrieren das Problem:

Eine ‚Same same, but different‘-Strategie sowie eine Maybe-Kommunikation sind keine Erfolgsrezepte.

Wer meiner #BeraterBeraterin-Kolumne seit Februar 2020 folgt, weiß:

Mein Differenzierungsappell ist nie die Einladung, einfach nur anders um der Andersartigkeit willen zu sein – und zu kommunizieren.

Es geht um viel mehr: Es geht um nachhaltigen Markterfolg. Consultants, die eine differenzierte Positionierung und starke Marke aufbauen, können bis zu 20% mehr Umsatz generieren; bei konsequenter Umsetzung sogar bis zu 40%.

Eva Manger-Wiemann (Cardea AG) und Susane Mathony (Mathony Brand Strategists)
Mehr dazu lesen Sie hier: Differenzierende Positionierung von Unternehmensberatungen!

In der disruptiven Permavucalution ist #BeDifferentOrDie noch aggressiver.

Ein echter Added Value in der Kommunikation – sei es in den Leitmedien oder auf LinkedIn – ermöglicht es Klienten und Prospects, Beratungsmarken besser zu verstehen und diese gegenüber Wettbewerbern zu unterscheiden.

Aber: Kalenderzitate, Denglisch oder generische Buzzwords führen nicht zu einer differenzierenden Markenwahrnehmung. Wenn selbst Davos Doomsday-Rhetorik sendet, ist es umso wichtiger, sich mit klaren Botschaften aus der Masse abzuheben.

Substanz entscheidet: Daher Klartext statt Buzzwords

Eine Evolution der Beratungskommunikation ist notwendig. Wie lautete der Handelsblatt-Claim schon von zwanzig Jahren? Substanz entscheidet!

Und das gilt auch für die moderne PR, erfolgreiches Thought Leadership und eine nachhaltige LinkedIn-Positionierung im Consulting.

Die Polykrise verlangt innovative Kommunikation. So entsteht Klarheit statt Komplexität. Beratende, die ihre Expertise mit präziser, verständlicher Sprache verknüpfen, beweisen ihre Innovationskraft. So stärken sie nicht nur ihre Marke, sondern erzielen auch langfristig positive Veränderungen für Unternehmen und die gesamte Wirtschaft.

Und das ist es, was Deutschland jetzt braucht – Berater, die nicht nur sprechen, sondern etwas bewirken.


Autorin: Susanne Mathony

Susanne Mathony
Susanne Mathony

Die Positionierung von Marken und Menschen sind meine Leidenschaft. Seit mehr als zwei Jahrzehnten lebe ich mit CEO-Positionierung, strategischer Marketing- und Kommunikationsberatung, PR und Business Storytelling meine Berufung aus.
Hinzugekommen ist 2014 die Social Media-Beratung. Hier liegt der Schwerpunkt auf dem #SocialCEO sowie dem Personal Branding und -Positioning von Vorständen und Teams auf LinkedIn.Meine Heimat ist Professional Services. Auf GSA- und EMEA-Ebene arbeitete ich u.a. für AlixPartners, Andersen Consulting (heute Accenture), Strategy& sowie Russell Reynolds Associates.
Als Politologin und ausgebildete Journalistin startete ich meine Karriere in einem Think Tank in Washington D.C..


Unsere Newsbeiträge, die Sie zum Thema interessieren könnten:

Mind your mindset: Warum Consultants an ihrer Zukunftserzählung arbeiten sollten
Mind your mindset: Warum Consultants an ihrer Zukunftserzählung arbeiten sollten
Die Kraft starker Narrative: If they go wild, we go cool
If they go wild, we go cool: Die Kraft starker Narrative
Consulting-CEOs gehören ins Rampenlicht – auch wenn sie „nur“ Primus inter Pares sind
Consulting-CEOs gehören ins Rampenlicht – auch wenn sie „nur“ Primus inter Pares sind