Employer Branding – Werden Unternehmensberatungen jetzt zur Love Brand?

Die #BeraterBeraterin

Employer Branding – Werden Unternehmensberatungen jetzt zur Love Brand?

22. Juli 2020

Wie sollte ideales Employer Branding nach der Pandemie aussehen?

Rennt der Top-Nachwuchs den großen Consultinghäusern weiterhin die Türen ein? Und: Wie sollte ideales Employer Branding nach der Pandemie aussehen, um diese anspruchsvolle Zielgruppe zu gewinnen?

Beeindruckend ist es schon! Da kommuniziert BCG-Deutschland-Chef Matthias Tauber, dass er trotz COVID19 in diesem Jahr 800 neue Mitarbeiter einstellen möchte – davon zwei Drittel Berater – so viele wie nie zuvor.

Auch Branchenprimus McKinsey hält an seinen Plänen fest. 850 Neueinstellungen, davon etwa 600 Berater, sollen 2020 neu an Bord kommen, verkündet Cornelius Baur im Handelsblatt.

Bain & Company sucht 250 neue Mitarbeiter mit Schwerpunkt auf digitale Transformation sowie Leadership.

Während zahlreiche Firmen mit dem Überleben kämpfen, floriert offensichtlich eine Branche – die der Unternehmensberatungen. Davon zeugt auch der aktuelle Geschäftsklimaindex des BDU. Dieser attestiert den Consultants eine deutlich bessere Stimmung als in den Vormonaten.

Nun könnte man denken: Recruiting – und damit Employer Branding – war nie einfacher als jetzt. Schließlich gibt es in vielen Industriezweigen Einstellungsstopps oder Stellenabbau. Genug junge, „willige“ Bewerber sollten also existieren.

Hinzu kommt: Laut BDU sind rund zwei Drittel der Beratungsunternehmen überzeugt, dass Remote-Projekte bei Klienten stark bis sehr stark zunehmen. Wo manche Bewerber bislang die massive Reisebelastung des Consulting-Daseins scheuten, lockt nun das next normal Homeoffice. Während des Lockdowns hat sich die virtuelle Projektarbeit bewährt. Die Tumi-Koffer bleiben zuhause. MS Teams statt Miles & More. Walter Sinn, Deutschland-Chef von Bain, erwartet „eine gewaltige Lernkurve“. Er schätzt in seinem Gastbeitrag „Rules, tools and fools„, dass 30 bis 50 Prozent des Reiseaufkommens überflüssig werden könnte.

Auf den ersten Blick also tolle News: Viele offene Stellen und das mit höherer Work-Life-Balance. Rein theoretisch könnte sich der Trend also fortsetzen. Danach bewerben sich jedes Jahr weltweit mehr als 700.000 Studierende um ein Praktikum oder eine Vollzeitstelle in einem Beratungsunternehmen. Da die Offer-Quoten deutlich unter 10% liegen, schießen immer mehr Spezialisten wie PrepLounge aus dem Boden. Sie bereiten umfassend auf Interview-Sessions und Assessments der Top-Tier-Berater vor.

Geht die Rechnung auf, und rennen Top-Talente Beratungen weiter die Türen ein?

Partiell vermutlich schon, aber so ganz eben doch nicht.

Schaut man sich das Arbeitgeberranking 2020 an, für das Universum jedes Jahr 47.000 Studierende verschiedener Fachrichtungen befragt, haben Berater und Wirtschaftsprüfer ggfls. Optimierungspotenzial im Personalmarketing. Darin benennen zwar neun Prozent der Wirtschaftsstudierenden McKinsey als idealen Arbeitgeber. Im Ranking bringt das Platz zehn. BCG belegt Platz 20.
Die Big Four fallen allesamt zurück: PWC um sechs Plätze auf Rang 17, Deloitte um fünf Plätze auf Rang 28.

Auch interessant: Im globalen Ranking „Brand Love Story 2020“ von Talkwater fehlen Berater vollkommen unter den 800 analysierten Love Brands. In Deutschland führen Mercedes und Nivea das Ranking an; global Lego, Four Seasons Hotels sowie Singapore Airlines.

Für Love Brands zahlen Kunden hohe Preise, machen unbezahlte Werbung in ihren peer groups und teilen ihre Begeisterung in den sozialen Medien. Die hohe Loyalität ihrer Community macht Love Brands bedeutend krisenfester.

Spitz formuliert, ist für viele Einsteiger Beratung jedoch eben keine Passion – und damit keine Love Brand – sondern primär das Sprungbrett zur anschließenden Konzernkarriere.

All das wissend, nun die Frage:
Wie macht man dennoch überzeugendes Employer Branding? Wie beweist man sich als Arbeitgebermarke? Welche relevanten Inhalte nutzt man mit emotionaler Kraft zur starken Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb?

Neben klassischen Marketing-Tools wie Recruiting-Messen, Karriere-Events, PR und dem Fokus auf Purpose – der Vermittlung von Sinn – sehe ich gerade unter den Restriktionen von COVID19, aber auch danach – Spannendes im Social Media- und Digital-Bereich.

„The magic five bullets“ für Beratungen

  1. Unique employee value proposition
    Jeder meint, er hat ihn – den begehrten USP. Gerade im war for talent zeigt sich jedoch, ob man sich wirklich differenziert. Denn junge Talente wünschen sich Arbeitgeber mit Profil. Wie formulierte Matthias Storath (HEIMAT) im Kontext der neuen BCG-Kampagne, zynisch:
    Employer-Branding ist im Normalfall ein Marken-Schredder. Nie sind Firmen austauschbarer, nie unsicherer, als wenn sie mit potenziellen Mitarbeitern kommunizieren.
    Andere bemängeln das „Ego-Shooting“, sprich dass Beratungen zu viele unternehmenszentrierte Aussagen treffen, um sich selbst kreisen, statt bewerberzentrierte Informationen mit Mehrwert zu liefern. Hilfreich hierfür ist die enge Kooperation von HR mit Marketing und Unternehmenskommunikation.
  2. Social Media Buzz
    Social Media ist eine Two-way-Street – auch und gerade im Employer Branding. Es gilt, durch Social Listening die Trendthemen zu identifizieren, die Top-Talente wirklich umtreiben und spezifischen Kampagnen-Content für die verschiedenen Plattformen zu entwickeln. Früher waren klassische Berater-Portraits in „junior:consult“ State-of-the-art, heute sind es virtuelle Dinner mit dem CEO via Zoom oder Podcasts.
  3. Share the Love
    Auch wenn Beratungen damit z.T. noch fremdeln, dennoch:
    Modernes Storytelling ist überzeugender als industriegetriebene Studien, die austauschbar wirken können. Positive, emotionale Geschichten – eben „Employer Telling“ – helfen Bewerbern, die Beratungsmarke damit zu assoziieren. Projekt- und Teamarbeit lassen sich beispielsweise in Videos gut darstellen, die via Websites und LinkedIn ausgespielt werden.
  4. Mitarbeiter sind Influencer
    „Brand Love“ erwächst von innen; sprich Consultants sollten breit ihre Teams einsetzen, um eine starke Brand-Bindung zu schaffen. Im Talentmarkt zählt Mikro- statt Makrokultur mehr; d.h. echte Teamkultur zu zeigen, schafft Nahbarkeit und damit Reichweite.
    Wichtig auch: Realistische Bewertungen auf Plattformen wie kununu und Glassdoor und das, was Consultants und Ex-Consultants über die eigene Beratung schreiben.
  5. Authentizität
    Und nein, Authentizität ist keine Floskel! Sich authentisch als prägnante Arbeitgebermarke zu positionieren, überzeugt Talente. Wer mit den immer gleichen Standardfloskeln in Recruiting-Anzeigen und auf Websites agiert, muss sich nicht wundern, dass sich das Gros der Bewerber komplett schmerzfrei parallel bei den Top 5 bewirbt, statt zielgerichtet und bei seinem „employer of choice“.

INSTA für Professional Services: Bild für Bild zur Love-Brand

Da der erwähnte Social Media-Buzz so entscheidend ist, entspricht die professionelle LinkedIn-Präsenz dem Pflichtprogramm für Consultants. Die Kür – und das mit hohem Nachholbedarf – liegt in den Plattformen, die die Generation Y und Z bevorzugen, sei es Instagram, Snapchat oder Tiktok (die beiden letzteren noch unter Vorbehalt). Auf INSTA sind mittlerweile 25 Millionen Brands weltweit unterwegs. Es ist bei weitem nicht nur für Lifestyle-Brands relevant, sondern auch Beratungen profitieren von dem visuellen Kanal in puncto Markenbildung und Employer Branding.

Das hat auch McKinsey erkannt und weist bereits 184.000 Follower und 1.127 Posts auf. Im Vordergrund stehen Teamshots oder Profile einzelner Berater.

BCG ist erst seit Januar 2019 am Start und hat bereits eine konsistente Bild- und Markensprache entwickelt. Ob die Sinnsprüche der Anfangsphase oder die in klassischem BCG-Grün-gehaltenen Charts jedermanns Geschmack treffen, sei dahingestellt, aber sie funktionieren. Immerhin hat die Strategieberatung hier schon rd. 93.000 Follower – und das für nur 149 Beiträge, die aber durchaus 1.000 Likes und mehr generieren.

Fazit

Beratungen, die zur echten Love Brand werden wollen, investieren in ihr Employer-Standing und -Branding – auch und gerade in den Sozialen Medien. Sie wissen um die Relevanz der Candidate Experience für die Arbeitgeberreputation und am allerwichtigsten: Sie wissen genau, wer sie sind!
Denn nur wer weiß, wer er ist, kann davon berichten. Und nur dann gewinnt man Bewerber mit dem richtigen „Cultural Fit“.

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