Zwischen Trump, TikTok und Tarifkrise: Warum Consulting jetzt echte Substanz braucht

Die #BeraterBeraterin

Zwischen Trump, TikTok und Tarifkrise: Warum Consulting jetzt echte Substanz braucht

15. April 2025

Foto von The Now Time auf Unsplash

Chaos ist das neue Normal. 

Zölle, Krisen, Rezessionssorgen. Strategiepapiere, die über Nacht Makulatur werden.
Und mittendrin: Beratungen, die Orientierung liefern sollen.

Letzte Woche Donnerstag hatte ich drei Anrufe. Drei Beratungen. Immer dieselbe Fragestellung:

  • Wie kommunizieren, wenn sich die Welt alle 24 Stunden neu sortiert?
  • Das strategische Narrativ anpassen?
  • Wie Thought Leadership planen, so dass Medien noch daran Interesse haben?

Marketing in Zeiten multipler Unsicherheiten ist kein Akt des Durchhaltens

Es ist ein Akt der bewussten Positionierung. Wer jetzt sichtbar bleibt, klar kommuniziert und konsistent agiert, gewinnt nicht nur Marktanteile, sondern Vertrauen. 

DafĂĽr braucht es keine riesigen Budgets, sondern Haltung.

Wer glaubt, Brand Awareness sei ausschließlich eine Budgetfrage, irrt. Gerade im Consulting entsteht Relevanz nicht durch Paid Media, sondern durch narrative Präzision. Strategieberatungen, Restrukturierungsexperten, Transformationsprofis – sie alle agieren aktuell im besten aller Konjunkturfenster. Denn Chaos ist ihr Kapital. Und das ist nicht zynisch gemeint.

Inmitten geopolitischer Disruptionen und wirtschaftlicher Unsicherheit wird Orientierung zur Leitwährung. Wer sie liefert, wird zum Rettungsanker für Top-Manager und ihre durchgeschüttelten Unternehmen. Was hilft, ist kein lautes Marketing – sondern eines mit Stringenz, Substanz und strategischer Intelligenz.

Fünf Maßnahmen, die sofort wirken, wenig kosten und Sie wirklich differenzieren – denn die eigene Austauschbarkeit ist teurer als jede Anzeigenkampagne.

1. Narrativ statt Nebelkerzen: Drei Sätze, die weiter tragen als dreißig Folien

Marketing ist kein Legoset – schon gar nicht in Krisenzeiten. Kein PR-Puzzle, das man mit LinkedIn-Posts und dem Gold-Sponsorship von Handelsblatt-Events zusammensteckt, bis ein halbwegs repräsentabler Auftritt entsteht. Marketing in Krisenzeiten ist Architektur. GroĂźe Architektur. Und die beginnt nie bei der Fassade – sondern mit einem Fundament, das trägt: ein belastbares, strategisches Narrativ.

Das klingt einfach? Ist leider schwer, wenn es um die eigene Beratung geht. 

Denn Narrative zwingen zu Entscheidungen:

  • Was ist Ihre wirkliche Meinung?
  • Was trauen Sie sich zu sagen, bevor es alle Wettbewerber tun?
  • Was bleibt noch ĂĽbrig, wenn man Ihre Positionierung durch den Floskel-Filter jagt?

Drei Sätze. Kein Satzzeichen zu viel.

Diese Sätze müssen Bestand haben – auf dem Merz’chen Bierdeckel, in der Keynote, in der Pitch-Präsentation bei Supplier im Allgäu. Und ja: auch beim Dinner mit dem CFO eines DAX-Konzerns während des WEF im Hotel Belvedere.

Konsistenz ist keine KĂĽr. Sie ist das Fundament Ihrer starken Marke

Machen Sie den Selbsttest zu Ihrem aktuellen Narrativ:

  • Spiegelt Ihre Website das wider, was Ihr CEO auf LinkedIn postet?
  • Klingen Sie auf der BĂĽhne wie Ihr Onepager?
  • Erkennen sich Ihre Mitarbeitenden im Unternehmensprofil wieder?

Wenn nicht, bitte schärfen Sie nach. Sonst bleibt Ihr Marketing wie ein schlecht synchronisierter Film: Man hört Worte, aber niemand fĂĽhlt den Sinn.

Die Kraft starker Narrative: If they go wild, we go cool
Mehr zum Thema lesen Sie hier: „Die Kraft starker Narrative: If they go wild, we go cool

2. Thought Leadership oder Themenroulette? Content ohne Haltung ist wie Sushi vom Fließband – lauwarm, beliebig, überteuert.

„Wir posten jede Woche Dienstag und Donnerstag morgens um 8:30 Uhr“. Klingt fleißig, ist aber oft nur Aktionismus mit Redaktionsplan.

Consulting-Feeds auf LinkedIn lesen sich zu oft wie Senator Lounge-Magazine: Trump 2.0. Dann ChatGPT. Dann irgendwas mit Resilienz. Durchblättern. Weglegen. Nie abonnieren.

Was fehlt?

Roter Faden. Relevanz. RĂĽckgrat.

Differenzierendes Thought Leadership stellt sich nicht zur Schau – sondern in den Dienst der Zielgruppe. 

Es beantwortet zwei Fragen:

  1. Warum ist das Thema jetzt relevant fĂĽr mich?
  2. Warum ist meine Beratung die Lösung – und nicht eine andere?

Zwei Praxisbeispiele

Ein Insolvenzbriefing im Vlog-Format. Wöchentlich, faktenstark – und mit klarer Ableitung für Kapitalgeber, Banken, Lieferketten.

Kurz. Klug. Klar.

Oder: Drei eng getaktete LinkedIn-Posts zur japanischen Autoindustrie – von einer Strategieberaterin, die weiß, das ein geopolitischer Rundumschlag charmant, aber deutlich zu wenig für echte Sales-Conversion ist.

Erfolgreiche Thought Leader sagen nicht: „Schauen Sie, wie viel ich weiß.“ Sondern: „So lösen wir Ihr Problem. Gemeinsam. Jetzt.“ 

Wer das liefert, braucht keine Viralität.

3. Digitaler Proof statt digitaler Staub: Wie Ihre Website echtes Neugeschäft generiert

40 % der Beratungsseiten wirken wie digitalisierte Denkmalpflege: Angestaubte Case Studies, ein multi-kulturelles Teamfoto von Getty Images, und irgendwo der Satz: „Wir begleiten Sie als Partner auf Augenhöhe.“

Gedacht als differenzierende H1.
Gelesen auf hunderten anderer Consulting-Seiten.

Nach 25 Jahren im Beratungsmarketing mein Rat: Sie brauchen keine Website mit Drohnenvideos und hippem Employer Branding-Flair. Sie brauchen eine Plattform, die denkt wie ein Sparringspartner aus Fleisch und Blut.

Starten Sie mit einer simplen Frage: Was fragen mich Klienten und Prospects im Pitch am häufigsten – und wo beantworte ich das online?

Richten Sie Ihre Website wie ein kuratiertes, persönliches Gespräch aus:

  • Eine klare Einstiegsseite pro Zielgruppe.
  • FĂĽr jede Leistung ein präziser Nutzen – nicht die x-te Copy-Paste-Formulierung.
  • Zu jedem Use Case zwei bis drei belastbare Referenzen – anonymisiert, wenn nötig.

Und bitte: Aktualisieren Sie! 

  1. Ein Live-Thema pro Woche auf der Startseite.
  2. Eine pointierte Einschätzung zur neuen Regulatorik.
  3. Ein Kommentar zu den Risiken eines schwachen Dollars.

Liefern Sie Substanz statt Drohnen-Pathos

Eine kleine M&A-Boutique analysiert monatlich Finanzierungsrisiken bei Nachfolgelösungen im Mittelstand. Und bietet: 15 Minuten kostenloses Sparring via MS Teams. Keine aufwendige Landingpage. Kein teurer Funnel.

Nur Relevanz. Und Wirkung. Genau das braucht auch Ihre Website: Substanz, die Nachfrage und Vertrauen erzeugt.

4. Earned Media: Ihre Meinung gehört in die Medien – nicht Ihr Logo

Wer glaubt, Medienpräsenz sei eine Budgetfrage, denkt in überholten Mustern. In der digitalen Ökonomie zählt nicht das dicke Media-Volumen – sondern Ihre Autorität. Warum?

Weil ein kluger Gastbeitrag in der FAZ mehr Wirkung hat als 50 LinkedIn-Ads. Weil Ihre Zielgruppe denkt, filtert – und sich nicht durch ganzseitige 4C-Anzeigen blenden lässt.

Wer heute durchdringen will, liefert Substanz. Punkt.

Das ist kein PR-Stunt. Das ist strategische MarkenfĂĽhrung. Durch Haltung. Durch Relevanz. Durch Debatte.

Was wirkt, sind nicht die Klickzahlen auf dem Dashboard beim Partner-Meeting.
Was wirkt, ist: „Ich habe Ihren Artikel gelesen – wir sollten sprechen.“

5. Community first: Wer in der Krise nicht sichtbar ist, wird beim Aufschwung nicht vermisst

„Ich beobachte Sie schon eine Weile auf LinkedIn.“
Das ist das neue: „Ich habe Ihre Anzeige gesehen.“

Der Unterschied: Sie wissen nie, wer gerade liest – oder was daraus wird. LinkedIn ist der neue Konferenzraum. Nur ohne Buffet. Ohne Visitenkarten. Sichtbarkeit entsteht nicht durch Lautstärke. Sondern durch Substanz. 

Wer heute wahrgenommen werden will, reflektiert klug – statt junge Social Media-Agenturen laut vor sich hin trommeln zu lassen.

Was können Sie selbst für die Pflege Ihrer relevanten Community tun?

  • Täglich fĂĽnf durchdachte Kommentare mit mehr als 20 Wörtern. Von Ihnen selbst. Nicht von ChatGPT.
  • Pointierte Perspektiven liefern – keine Algorithmus-Tricks.
  • Vernetzen mit Sales-Strategie. Nicht fĂĽr den Follower-Vergleich mit dem Partner-Kollegen.

Ein Praxisbeispiel?

Der Principal einer Strategieberatung nutzt jeden Freitagnachmittag fĂĽr 30 Minuten Community-Pflege. Alumni kontaktieren. Gespräche anbieten. Debatten anstoĂźen. Kein Funnel. Keine Sales Automation. Aber messbarer Impact.

Denn persönliche Markenführung ist nicht delegierbar. Nicht skalierbar. Aber spürbar.

Mein Fazit: Marketing beginnt nicht mit Content – sondern mit einer Zumutung: der eigenen Unverwechselbarkeit

Wenn Unsicherheit zum Normalzustand wird, ist Differenzierung keine Option – sondern Pflicht. Wer heute schlank, schnell und strategisch denkt, wird nicht nur gesehen, sondern bleibt im Gespräch. Kein PowerPoint ersetzt ein starkes Narrativ. Kein Content-Karussell kompensiert fehlende Haltung.

Kommunikation ist eine FĂĽhrungsaufgabe.

Nicht laut. Nicht teuer. Aber präzise. Wer Meinung durch überzeugende Zukunftserzählungen beweist, wird gehört. Wer konsistent bleibt, wird erinnert. Wer Position bezieht, hat die besten Chancen, beauftragt zu werden.

NatĂĽrlich ersetzt Marketing keine Sales-Strategie

Aber es macht Ihre Marke sichtbar – und das zur richtigen Zeit bei den richtigen Zielgruppen. Die gute Nachricht: Sie brauchen dafür weder ein Budgetfeuerwerk noch ein riesiges Agenturnetzwerk.

Nur den Mut zur Klarheit.

Und vielleicht den Entschluss, diese #BeraterBeraterin-Kolumne nicht nur zu lesen – sondern ernst zu nehmen. Denn dann wird das Trump’sche Chaos da draußen zu dem, was starke Beratungen am besten beherrschen: ein strategischer Vorteil.


Autorin: Susanne Mathony

Susanne Mathony

Die Positionierung von Marken und Menschen sind meine Leidenschaft. Seit mehr als zwei Jahrzehnten lebe ich mit CEO-Positionierung, strategischer Marketing- und Kommunikationsberatung, PR und Business Storytelling meine Berufung aus.
Hinzugekommen ist 2014 die Social Media-Beratung. Hier liegt der Schwerpunkt auf dem #SocialCEO sowie dem Personal Branding und -Positioning von Vorständen und Teams auf LinkedIn.Meine Heimat ist Professional Services. Auf GSA- und EMEA-Ebene arbeitete ich u.a. für AlixPartners, Andersen Consulting (heute Accenture), Strategy& sowie Russell Reynolds Associates.
Als Politologin und ausgebildete Journalistin startete ich meine Karriere in einem Think Tank in Washington D.C..


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