Welcher Trumpf sticht am besten? Marke, Menschen, Services?

Die #BeraterBeraterin

Welcher Trumpf sticht am besten? Marke, Menschen, Services?

5. Mai 2020

(Foto von amirali mirhashemian auf Unsplash)

Fokussiert man sich auf eine starke Marke, spezielle Services & Produkte oder stellt man zentrale Menschen in den Vordergrund?

Das ist die Frage nach dem Erfolgsgeheimnis für wirksames Professional Services-Marketing! Als #BeraterBeraterin setze ich mich in meiner Consulting.de-Kolumne damit auseinander, welchen Trumpf man im Marketing wann ausspielt.

Millionen von Euro haben Beratungsunternehmen in den letzten Jahren investiert, um bestimmte Werte mit ihrer Marke zu assoziieren. Qualität, Integrität, Professionalität, Expertise, globales Netzwerk. Seither wurden all‘ diese Attribute mit der ein oder anderen Beratung – oder leider mit mehreren von ihnen – verknüpft.

Der Haken am Wunsch nach Unverwechselbarkeit:

B2B-Dienstleistungen funktionieren komplett anders als Konsumgüter für Endverbraucher. Sie werden primär im Vertrauen, in gutem Glauben oder auf Weiterempfehlung gekauft. Im Entscheidungsprozess ist eine exzellente Reputation der stärkste Trumpf.

Markenbildung ist hier extrem wichtig – aber eben auch schwierig. Für 40% der Top-Entscheider hat die Marke einer Beratung einen erheblichen Einfluss auf die Perzeption und folgende Kaufentscheidung. Für weitere 43% besitzt sie immerhin einen gewissen Einfluss.

Im Kampf um ihre Markenpositionierung stehen alle Beratungen vor der gleichen Herausforderung.

Sie müssen kommunizieren, wie sich ihr „einzigartiger end-to-end strategy-through-execution“-Beratungsansatz von dem „einzigartigen end-to-end strategy-through-execution“-Beratungsansatz aller anderen Player unterscheidet. Man verzeihe mir nach 23 Jahren in der Branche diese etwas gemeine Spitze. Aber so findet es sich auf 80% der deutschen Berater-Websites.

Was also ist der „Gold-Standard“ im Professional Services-Marketing?

Reicht es aus, sich ausschließlich auf die Marke zu konzentrieren, oder sollten Marketeers die einzelnen Service Offerings und/oder die Menschen dahinter pushen?

Gibt es einen „one size fits all“-Marketing-Mix? Leider nein!

Fakt ist: Alle drei Elemente sind miteinander verwoben.

Das eine lässt sich ohne das andere nicht vermarkten. So mag McKinsey eine Premium-Brand sein, die ungestützt eine Markenbekanntheit von 100% erzielt – und das seit Jahren. Aber ohne die nachwachsenden Generationen von Beratern, die nach exzellenten Ausbildungen und Drill in der McKinsey Alpine University in Kitzbühel das Markenversprechen auf Klientenprojekten einlösen, wäre die „Brand-Aura“ irgendwann mehr Legende denn Tatsache.

Service-Offerings sind relevant, aber kein wichtiger Differenzierungshebel. Googelt man in der COVID19-Pandemie die Begriffe Supply Chain, Cash Management oder Digitalisierung, poppt mindestens eine entsprechende Studie bei allen auf – egal ob Big Three, Hidden Champion oder kleine Boutique. „Expertise ist eben kein USP„, heißt daher leider die Erkenntnis.

Ebenso haben alle Thought Leadership zu den Auswirkungen auf die am stärksten betroffenen Industrien wie Automobil, Tourismus oder Handel. Und alle machen sie damit Klienten-Mailings oder PR, so dass die Medien im Überangebot ertrinken.

Neu denken über die vier P im Professional Services-Marketing

Wenn also alle Beratungen im Kern das gleiche – ihre Marke, ihre Service-Offerings und ihre Menschen – vermarkten, hilft der Blick auf die Metaebene. „Product -Place – Price – Promotion“ sind die klassischen „Vier P’s“ des Marketing. Diese spiegeln die spezifischen Herausforderungen der Professional Services-Player von heute nicht mehr angemessen wider.

Vielleicht passt daher ein anderes Modell – auch auf vier P‘s basierend.

Proposition

In einer Branche, in der Produkt- und Serviceelemente eng miteinander verflochten sind, gilt es, Propositions – Leistungsversprechen – zu vermarkten. Im Fokus steht der konkrete Klientennutzen. Die Message lautet dann „wir können Ihnen helfen, dies zu erreichen“ statt das Selbstzentrierte „wir wollen Ihnen das verkaufen„.

So wird eine Proposition zur Positionierung und Vermarktung der Produkte und Services. Webseiten und alles Selbstdarstellungsmaterial sollten diesen Mehrwert reflektieren.

People

So sehr alle über KI/AI und Robotics reden: Beratung bleibt ein ‚people’s business‘!
Menschen werden immer eine entscheidende Rolle spielen. Natürlich können sich Art und Anzahl der benötigten Personen ändern, aber sie werden nie vollständig verschwinden. Daher ist es entscheidend, Individuen wie Teams als starke Markenbotschafter neben den Services zu positionieren. Personal Branding und modernes Storytelling via LinkedIn bietet sich hier ebenso an wie Pressearbeit rund um Country Manager und Industry Heads.

Perspective

„Perspektive“ wird oft als unabhängige, objektive Sichtweise missverstanden. Aber, Klienten wollen alles andere als das – besonders in der aktuellen Ausnahmesituationen. Unternehmen suchen Berater mit pointierter Meinung – was Unternehmen tun sollten und was eher nicht.

Sie wünschen sich Berater mit Haltung. Thought Leadership muss das widerspiegeln. Wer nur seine Service-Offerings ohne klare Proposition abbildet, differenziert sich nicht; sprich: die hundertste Supply-Chain-Studie schafft leider keine Marke.

Purpose

Die Klammer dieser drei ‚P‘ ist Purpose. Jeder kennt Simon Sineks‘ berühmte Frage nach dem ‚Why‘ – also warum eine Beratung und ihre einzelnen Berater tun, was sie tun. Wirklich gelebt ist Purpose keine Marketingfloskel, sondern definiert die Agenda und die Ambitionen. Dieser bestimmt auch die zuvor beschriebene Perspektive einer Beratung. Vermarkten Sie diesen sinnstiftenden Mehrwert. Dieses hilft auch beim Employer Branding.

Fazit: Spielen Sie Ihre Marke und Ihre Menschen als Trumpf aus und leben damit, dass Services nur eine Commodity sind

Eine Positionierungsstrategie, die für BCG richtig ist, ist nicht richtig für Accenture. Und was für Deloitte richtig ist, mag nicht richtig sein für Publicis Sapient. Jeder Professional Services-Player hat seinen einzigartigen Ruf und weckt bei Klienten bestimmte Assoziationen. Jede Beratung braucht ihre spezifischen Markenwerte, die es zu schützen und ggfls. zu dehnen gilt, um neue Marktanteile zu gewinnen.

Es kann also kein „one size fit all“-Marketing für Beratungsunternehmen mit unterschiedlichem Reifegrad ihrer Marken geben.

Eines aber ist für alle wichtig: Kreativität und ein zeitgemäßer Marketing-Mix. Denn es gibt nichts Schlimmeres im Differenzierungskampf als „Lipstick on a pig„, wie es Engländer drastisch nennen würden, oder „Alter Wein in neuen Schläuchen“.

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