Die #BeraterBeraterin
„You don’t know what you don’t know“: Warum Partner keine Marketingexperten sind
10. September 2024
(Foto: Stephen Harlan auf Unsplash)
Wenn ich eines nie vergesse, dann diese Nacht im Sommer 2012.
Ich hatte einen Unfall, irgendwo in einem Waldgebiet nahe des Ammersees. Als der Abschleppdienst endlich eintraf, standen die beiden Mechaniker fassungslos vor dem Auto, starrten in den vorderen und dann in den hinteren Teil und meinten:
„Der hat ja gar keinen Motor.“
Erst nach einigen Sekunden kam die Einsicht: „Oh, der liegt wohl in der Mitte.“
Sie fanden die Situation komisch – ich weniger.
Damals wie heute gilt: „You don’t know what you don’t know.“
Genau das beschreibt die Herausforderung vieler Partner in Beratungen und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, wenn es um Marketing geht.
Sie sind brillante Strategen in ihrem Fach. Aber sie sind in 95% der Fälle keine ausgebildeten Marketer. Sie sind auf Zeit gewählt. Zu meinen Consulting-Inhouse-Zeiten habe ich mit Marketing-Partnern gearbeitet, die vorher für Finance und anschließend für HR zuständig waren.
Ohne exakt zu wissen, was sie alles nicht wissen, stehen sie plötzlich an der Spitze der Marketing-Organisation und müssen Entscheidungen treffen. Und das hat zuweilen Auswirkungen auf die Marke und Positionierung.
Drei Erfolgsfaktoren im Consulting-Marketing: Leidenschaft, Hiring und Musketiere
1. Leidenschaft für Marketing: Weshalb sie den Unterschied macht
Suchen Sie bei der Wahl ihres Marketing-Partners nach Passion oder zumindest hoher Affinität zu Marketing- und Kommunikationsthemen. Das Zufallsprinzip oder die Aussage „Er/sie soll sich beweisen, um seinen/ihren Partnercase zu untermauern“ funktioniert nicht oder nur sehr bedingt.
2. Gezielt rekrutieren: Warum smartes Hiring entscheidend ist
Je nach Budget gibt es zuweilen nur eine einzige Marketingstelle in der gesamten Beratung.
Wie stellt man da die richtige Person ein? Allrounder mit mindestens zehn Jahren Erfahrung im Consulting-Marketing unter 80.000 EUR gibt es nicht.
Marketing-Partner sollten sich entweder für einen Spezialisten in einem zentralen Kommunikationsbereich wie PR oder Thought Leadership entscheiden. Oder sie hiren einen Junior mit drei Jahren Background in einer PR-Agentur und bauen diesen gezielt auf.
3. Teamwork statt Einzelkämpfer: Warum Musketiere im Marketing erfolgreicher sind
Für Beratungen ohne geborenen „Marketing-Highlander“ eignet sich der Musketier-Ansatz. Verteilen Sie die Aufgaben wie PR, Studienmarketing, Social Media und Web auf mehrere Schultern in einem Steering-Committee. Dieses SteeCo stimmt sich in Update-Calls ab und präsentiert wechselnd im Partner-Meeting die Fortschritte.
Nach mehr als 25 Jahren in der Beratungswelt hier die zentralen Do’s und Don’ts als Check-Liste.
Drei unverzichtbare Tipps für Partner ohne Marketing-Hintergrund
1. Augen auf bei der Partnerwahl – Trusted Advisors als strategische Partner
Ein Neukunde zeigte mir letzte Woche etwas verzweifelt seine neue Website. Themes von der Stange, Texte von ChatGPT und am bittersten: Eine Positionierung, die den USP vernachlässigt.
Die bittere Folge: Verlorene Zeit und verlorenes Geld.
Gerade für kleinere und mittlere Beratungen ist die Wahl der richtigen Marketing- und Kommunikationspartner erfolgskritisch.
Externe sind nicht nur nette Dienstleister. In David Maisters Nomenklatur sind sie „Trusted Advisors“. Sie bringen nicht nur technisches Know-how mit, sondern ein tiefes Verständnis für die Beratungsbranche und die Wettbewerbslandschaft.
Als strategischer Sparringspartner auf Augenhöhe führen sie das Marketing strategisch und entlasten die Partner. So bleibt der Fokus dort, wo er hingehört: auf dem Kerngeschäft.
2. Vertrauen statt Kontrolle: Die Macht der Delegation
Die größte Herausforderung – und zugleich der stärkste Hebel – für Marketing-Partner ist die gesunde Distanz zu operativen Aufgaben. Wer jedes Detail selbst kontrolliert, blockiert nicht nur die Effizienz, sondern hemmt auch die Kreativität.
Erfolgreiche Partner setzen auf das Fachwissen ihrer Marketingprofis. Diese kennen die richtigen Kanäle und Tools, um mit dem gegebenen Budget den größtmöglichen Impact zu erzielen.
3. Langfristiges Markenwachstum: Warum ständige Weiterentwicklung entscheidend ist
Neu gewählt in der Rolle und 60 Wochenstunden mit Klienten beschäftigt, träumen viele Partner von Marketing als Einmal-Projekt, das sich im Sprint-Verfahren abschließen lässt. Doch so einfach ist es leider nicht.
Um relevant zu bleiben, muss sich eine Beratungsmarke ständig weiterentwickeln. Die Marktanforderungen verändern sich kontinuierlich. Was etwa 2020 auf LinkedIn für Consultants exzellent funktionierte, ist heute veraltet.
Smarte Marketing-Partner prüfen daher regelmäßig ihre Markenstrategie gemeinsam mit internen und externen Experten. Sie wissen: Sichtbarkeit und Relevanz sind keine Selbstläufer. Deshalb investieren sie kontinuierlich in die Weiterentwicklung ihrer Marke.
Die drei größten Fehler, die Partner im Marketing vermeiden sollten
1. Budgetkürzungen im Marketing – Nur weil die Wirtschaft gerade hustet
Seit Jahresanfang sehe ich zahlreiche „Bounces“ in unserem #MBS-Newsletter: Marketers, die Beratungen verlassen – und das unfreiwillig.
Stellenabbau und Budgetkürzungen im Marketing sind eine klassisch-zyklische Reaktion auf wirtschaftliche Unsicherheit. In einer früheren Kolumne beschrieb ich dies als “Winning the Battle, Losing the War”. Denn substanzielle Kürzungen treffen direkt die Markenbekanntheit und den Markenwert. Mittel- bis langfristig wirkt sich das auf den Umsatz aus. Kosten werden lediglich in die Zukunft verschoben.
Smarte Marketer handeln antizyklisch und verstehen:
Ein schwaches Marketingbudget führt zu schwachen Ergebnissen. Das will sich in der Rezession keiner leisten.
2. Kakophonie der Meinungen – Der Killer von Effizienz und Kreativität
In kleineren Beratungen fehlt oft ein dedizierter Marketing-Partner. Irgendwie kümmert sich die gesamte Partnerschaft darum. Das Ergebnis? Eine Kakophonie! Jeder redet mit. Jeder hat eine Meinung. Am Ende stockt der Prozess.
Ein Beispiel: Die Marketingverantwortliche einer Restrukturierungsboutique brauchte acht Monate, um einen Fotografen für neue Partner-Portraits zu beauftragen.
Warum diese 23.000 EUR kosteten? Der Top-Fotograf war der heiße Tipp des Rotarier-Freunds eines Senior-Partners. Dass das Projekt für 5.000 EUR ebenso gut hätte umgesetzt werden können, blieb ungehört.
Die Lösung? Lassen Sie die Marketing-Experten arbeiten, und vertrauen Sie darauf, dass sie die richtigen Entscheidungen treffen, um das bestmögliche Ergebnis für Ihre Marke zu erzielen.
3. Zeitdruck – Schnellschüsse statt Strategie
In kleineren und mittelgroßen Beratungen gibt es keine Armee von Werkstudenten oder Kommunikatoren, auf die man jederzeit zugreifen kann.
Marketing gerät deshalb häufig erst in den Fokus, wenn es bereits sehr spät. Entscheidungen werden unter Zeitdruck getroffen – zuweilen ohne eine fundierte Marketingstrategie.
Schnellschüsse mögen kurzfristig Abhilfe schaffen, doch sie sind selten nachhaltig und können der Marken-Reputation langfristig schaden.
Smarte Marketing-Partner vermeiden punktuelle Aktionen und sorgen stattdessen für eine strategische Einbettung. Denn: Erfolgreiches Marketing verdient Zeit und Weitblick.
Fazit: „You don’t know what you don’t know“ ist ein kraftvoller Reminder für Consulting-Marketing
Nur wer sich der eigenen Blind Spots bewusst ist, kann auf die Expertise vertrauen, die nötig ist, um eine Beratungsmarke strategisch zu führen und erfolgreich zu positionieren. Wie heißt es treffend: „Vertrauen ist der Anfang von allem.“
Vertrauen Sie darauf, dass Ihre Marke mit den richtigen Entscheidungen immer den entscheidenden Schritt voraus sein wird!
Hier finden Sie weitere Informationen, wie wir Sie unterstützen können:
Markenpositionierung von Beratungsunternehmen: End-to-end
Autorin: Susanne Mathony
Die Positionierung von Marken und Menschen sind meine Leidenschaft. Seit mehr als zwei Jahrzehnten lebe ich mit CEO-Positionierung, strategischer Marketing- und Kommunikationsberatung, PR und Business Storytelling meine Berufung aus.
Hinzugekommen ist 2014 die Social Media-Beratung. Hier liegt der Schwerpunkt auf dem #SocialCEO sowie dem Personal Branding und -Positioning von Vorständen und Teams auf LinkedIn.Meine Heimat ist Professional Services. Auf GSA- und EMEA-Ebene arbeitete ich u.a. für AlixPartners, Andersen Consulting (heute Accenture), Strategy& sowie Russell Reynolds Associates.
Als Politologin und ausgebildete Journalistin startete ich meine Karriere in einem Think Tank in Washington D.C..