Warum McKinsey nichts mit den Kardashians zu tun hat – Die Herausforderungen von Influencer Marketing im B2B
Die #BeraterBeraterin
27. August 2020
Influencer-Marketing ist auf dem Vormarsch. Auch im Consulting gibt es mittlerweile Influencer mit relevanten Reichweiten.
Doch kann es funktionieren, hochkomplexe und hochpreisige Beratungsleistungen mittels YouTube-Videos und LinkedIn-Posts zu vermarkten? Dieser Frage gehe in meiner #BeraterBeraterin-Kolumne auf Consulting.de nach.
Letztes Jahr habe ich (fast) den Glauben an rational nachvollziehbare Marketinggesetze verloren.
Da überflügelte ein triviales Hühnerei auf dem Instagram-Account Word Record Egg mit 54,6 Mio. Likes und 6,1 Mio. Follower alle bisherigen Influencer weltweit. Hätte man diesen Post seinerzeit gesponsert. wäre er 280.000€ wert gewesen.
Als Marketer muss ich anerkennen:
Dieser virale Hit spricht für die ungeheure Dynamik und Reichweite, die mittlerweile in den Social Media möglich ist. Um Influencer – und besonders Influencer Marketing – kommt heute kaum ein Unternehmen mehr herum.
Insofern lautet die Frage:
Sollten auch Professional Services-Player bekannte Influencer in ihren Marketing-Mix einbauen? Oder sind die MBBs (McKinsey, BCG und Bain) doch eine andere Welt als die der globalen Promis wie die Kardashians, Christiano Ronaldo oder Elon Musk?
Influencer Marketing ist eine Marketing-Strategie, bei der gezielt reichweitenstarke Meinungsmacher für Marketing- und Kommunikationszwecke eingesetzt werden. Unternehmen nutzen es, um eine Marke zu etablieren oder weiter zu pushen.
Laut Influencer Marketing Benchmark Report 2020 von Statista lag das weltweite Marktvolumen letztes Jahr bei 6,6 Mrd. US$. Tendenz steigend.
Nach Statista betreiben weltweit knapp 40% der befragten Marketingverantwortlichen Influencer Marketing. In Deutschland bauen schon 59% der CMOs dieser Strategie.
Influencer sind die neuen Reichweitenstars
Als Meinungsführer besitzen Influencer eine hohe Reputation und Glaubwürdigkeit. Phänomene wie Kylie Jenner aus dem Kardashian-Clan haben mehr als 191 Mio. Follower und zeigen:
Hier ist Cash zu holen und lassen sich Kaufentscheidungen massiv beeinflussen. Laut „Forbes“ ist die 22jährige aktuell der bestbezahlte Promi: Sie hat in den letzten zwölf Monaten rd. 520 Mio. Euro verdient.
Influencer Marketing ist somit das Native Advertising der Werbung mit bekannten Gesichtern.
Sind Player wie Heinrich Ruschke, Moritz Neuhaus oder Kristina Choi die Zukunft?
Die Top-Kategorien für Influencer sind die Bereiche „Beauty & Lifestyle“, „Fitness & Sport“ sowie „Fashion & Mode“. Aber auch im B2B-Segment gibt es sie. Hier ist jedoch eine völlig andere Strategie als im Konsumentenmarkt erforderlich.
Einer der Vorreiter für das Thema Consulting-Influencer in Deutschland ist Heinrich Rusche. Er hat sechs Jahre lang bei McKinsey als Consultant gearbeitet. Sein Youtube-Channel mit mehr als über 26.000 Abonnent*innen bietet fast 50 Clips. In diesen beschreibt er nicht nur das Leben eines typischen Consultants, sondern gibt auch konkrete Tipps für all‘ die, die Consultants werden möchten.
Ein weiterer Player ist Moritz Neuhaus mit seinem Channel „In. Up! Out?“ mit 3.800 Abonnenten. Er lädt immer wieder spannende Gäste ein.
Kristina Choi ist ein Beispiel aus den USA. Ihr YouTube Vlog „kchoi“ hat bereits 105.000 Abonnenten. Ihr Clip „Eine Woche in meinem Leben als Berater“ erzielte mehr als 1,1 Millionen Aufrufe.
Schaut man sich den Content dieser drei sehr unterschiedlichen Akteure näher an, wird klar:
Sie sind Influencer für das Thema Consulting, nicht aber nicht für eine bestimmte Brand.
Ihre Zielgruppe sind die Zwanziger. Diese sind entweder bereits im Bereich Consulting und wollen sich weiter entwickeln oder es sind Studenten, die noch vor der Berufswahl stehen.
Kann man sie sich aber als Influencer für eine der Beratungsmarken vorstellen? Eher nein!
Reputation und Inhaltsrelevanz schlagen Reichweite
Während im B2C die Reichweite als zentrales Kriterium für die Kooperation mit Influencern zählt, ist diese im B2B eher sekundär. Würde sich eine Unternehmensberatung oder einer der Big4 für diese Art des Meinungsmacher-Marketing entscheiden, wer wäre hier passend?
Ein B2B-Influencer unterscheidet sich von den typischen, auf YouTube, Twitter oder Instagram agierenden B2C-Influencer*innen. Im B2B-Kosmos sollte es ein Brancheninsider, ein prominenter Referenzkunde oder ein*e bekannte*r (Fach-)Journalist*in sein, um bei den sehr senioren, extrem anspruchsvollen Zielgruppen Akzeptanz zu erzielen.
Jene*r Influencer*in muss eine hohe Autorität und Authentizität besitzen und eine dezidierte Expertise aufweisen.
Schließlich geht es bei Professional Services nicht nur um hochpreisige und hochkomplexe Beratungsleistungen, die vorgestellt werden sollen – und nicht um leicht erklärbare Massenprodukte wie Lipliner oder Turnschuhe.
Am erfolgsversprechenden sind daher Corporate Influencer*innen wie die Mitarbeiter*innen des Unternehmens oder der/die CEO selbst.
In der Automobilbranche ist ein solche*r Social-CEO etwa Elon Musk mit 38 Mio. Follower. Für Tesla forciert er als Top-Influencer das Thema ‚Massentauglichkeit von Elektromobilität‘.
In der Beratungsbranche ist Frank Riemensperger, Chairman von Accenture ein Positiv-Beispiel. Er hat nicht nur rund 17.500 Follower, sondern gehört auch zu den LinkedIn Top Voices.
Zum Vergleich:
Der Deutschland-Chef von McKinsey, Cornelius Baur, ist erst gar nicht auf LinkedIn.
Im Professional Services gibt es bislang kein Äquivalent.
Würde man unter den Branchen-Insidern einen Top-Influencer suchen, gäbe es vermutlich nur einen:
Professor Dr. Dietmar Fink vom WGMB und seine Kollegin Bianka Knoblach.
Egal für welche Art von B2B-Influencer sich eine Unternehmensberatung oder ein Big 4-Wirtschaftsprüfer entscheiden sollte:
Es MUSS eine Person sein, die eine hohe Autorität und Authentizität besitzt und eine ausgewiesene Branchen-Expertise aufweist.
Im B2B-Kosmos steht weniger der Bekanntheitsgrad im Vordergrund. Stattdessen zählt das Know-how.
Vertrauen – Mein Hauptargument, warum man Markenbildung nicht outsourcen kann.
B2B-Dienstleistungen funktionieren völlig anders als Verbrauchsgüter für Endkonsumenten. Sie werden primär im Vertrauen und in gutem Glauben gekauft. Ganz besonders gilt dieses für Professional Services Player wie Strategieberatungen, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften oder Executive Search. Für sie ist Marken- wie Vertrauensbildung noch geschäftsentscheidender als für Produktmarken.
Und Trust lässt sich leider nicht kaufen!
Viele Studien belegen die Relevanz von Trust. So skizziert Paul Zak im Harvard Business Review, dass hohes Vertrauen in Unternehmen die Mitarbeiterproduktivität um 50% steigert und zu 76% mehr Engagement führt. Laut Edelman Trust Barometer 2020 fühlen sich Mitarbeitende, die vertrauen, viel enger mit ihrem Arbeitgeber verbunden und treten auch öffentlich für das Unternehmen ein. Glauben und Vertrauen in das Leadership-Team erhöht den Mut, im Unternehmen mutige Wege zu gehen – ein Aspekt der besonders einer VUCA-Welt entscheidend ist.
Und alles das kann man eben nicht an externe Influencer*innen delegieren.
Bei einem Lipliner oder Turnschuhen lässt sich ein totaler Fehlkauf verschmerzen, bei Beratungsleistung nicht.