Sichtbarkeit für Frauen im Consulting durch strategisches Personal Branding

Sichtbarkeit für Frauen im Consulting durch strategisches Personal Branding

Barbara Schafarczyk als Beispiel für die Sichtbarkeit von Frauen im Consulting
Barbara Schafarczyk als Positivbeispiel auf LinkedIn

10. Oktober 2022

Vier erfolgreiche LinkedIn-Profile von Frau im Consulting

Frauen sind irgendwie immer „zu viel“ – zu laut, zu leise, zu bossy, zu jung oder zu alt. Auch Frauen im Consulting erleben diesen Bias. Entweder haben sie zu viel oder zu wenig Sichtbarkeit. Ihr Personal Branding ist zu massiv oder nicht-existent.

Ihre Sichtbarkeit – oder Unsichtbarkeit – hat zwei Konsequenzen:

  1. Frauen, die Karriere im up or out-Consulting-Modell machen möchten, werden oft „leiser“. Um möglichen Konfrontationen aus dem Weg zu gehen, verzichten sie auf strategisches Personal Branding.
  2. So erzielen sie deutlich weniger Sichtbarkeit – nach innen wie nach außen. Sie schneiden sich vom Kontakt zu aktuellen wie potentiellen Klienten und Multiplikatoren ab.

Kurzum: Sie vernachlässigen die Jeff Bezos-Message:

Nicht Eitelkeit ist der Treiber, sondern professionelles und persönliches Wachstum

Nur wer sichtbar ist, wird wahrgenommen. Nur wer wahrgenommen wird, kann seine Expertise/ seine Kompetenz zeigen. Erst Sichtbarkeit macht Relevanz möglich. Und Relevanz ist letztlich das, was in den Köpfen der Menschen hängen bleibt. Ohne Ausnahme gilt das auch im Consulting.

Besonders von Beraterinnen, die noch ein bis zwei Stufen unter dem ersehnten Partnerlevel sind, höre ich:
Sichtbarkeit ist nichts für mich. Das riecht nach Eitelkeit!“.

Dazu kommt das Argument „Der innenpolitische Preis für meine Sichtbarkeit ist zu hoch„.
Dabei wäre der Karrieregedanke Ich priorisiere mein professionelles und persönliches Wachstum“ zielführend.

Strategisches Personal Branding bringt Einfluss und Selbstwirksamkeit

Bereits 1997 nutzte Tom Peters den Begriff in „The Brand called you“. Wie schreibt er in seinem Essay “We are CEOs of our own companies: Me Inc.

Dabei verweist er auf den Faktor Macht. „If you want to grow your brand, you’ve got to come to terms with power — your own. The key lesson: power is not a dirty word!

Mit dieser Facette von Einfluss und Selbstwirksamkeit fremdelt jedoch die ein oder andere Frau – noch.

Wer 25 Jahre nach Peters‘ Essays „personal branding“ googelt, findet 467 Millionen Treffer. Vor einem halben Jahr waren es erst 415 Millionen – also Tendenz stark steigend!

Eine Positionierung als „Visible Expert“ zahlt sich messbar aus

Personal Branding hilft in der internen wie externen Positionierung und beim New Business. Für die Karriere zahlt es sich messbar aus, ein „Visible Expert“ zu sein.

Studien belegen messbare Returns:

  • 41% der Visible Experts verzeichnen Umsatzsteigerungen und Neugeschäft.
  • Bei 38% hat es die Glaubwürdigkeit und Reputation erhöht gestärkt.

Nun folgen vier Beispiele von sichtbaren Frauen im Consulting. Ihre Erfolgsprofile auf LinkedIn bieten eine tolle Lernkurve für den eigenen Account.

Lara Sophie Bothur, Deloitte “Voice for Innovation” & Consultant

Was ist aktuell eines der spannendsten Profile einer female consultant auf LinkedIn? Das von Lara Sophie Bothur (Deloitte)! In gut acht Monaten hat sie es auf mehr als 41.000 Follower gebracht. Zum Vergleich: Der Deutschland-CEO von Deloitte, Volker Krug, besitzt nur 7.52

0 Follower.

Auf ihrem Account geht es um an sich trockene Tech- bzw. Sustainability-Themen wie Virtual Reality, Metaverse, AI oder ESG.

Ihr Erfolgsrezept? Die „drei S“: Storytelling, Smartness und Selfies.

Alle Posts starten mit einem starken Hook, der die Follower sofort fängt. Es ist immer ein Einzeiler, fett formatiert.

Durchgehend setzt die Deloitte-Beraterin auf Selfies – gerne auch als Collage mit Kollegen. Einige meiner Klientinnen protestieren (noch), dies sei zu Instagram-like. Zudem sei man selbst nicht so photogen. Das aber springt zu kurz.

Lara Bothur feiert nicht sich selbst, sondern platziert smart verpackt Tech-Themen. Ein Beispiel ist ihr Behind-the-Scenes“-Post bei Lilium. Hierfür erhält sie rund 4.150 Likes. Hätte sie einen langweiligen Textpost über die Zukunft von Flugtaxis abgesetzt oder einzig die „Smart Mobility“-Studie von Deloitte lanciert, wäre diese Reichweite unmöglich gewesen.

Ihr Aufruf, sich als Werkstudent zu bewerben, erhält 1.665 Likes. Ein HR-Post des Corporate Accounts hätte vermutlich nur ein Dutzend Likes generiert.

Ihr Titel „Voice of Innovation“ zeigt: Sie ist keine klassische Beraterin.

Für mich ist dies ein smarter Schachzug – für die Unternehmens- wie die Personenmarke.
Corporate Influencer-Programme im Consulting werden häufig parallel zu den Organisationscharts aufgebaut – also nach Industriezweigen und Hierarchien.
Mit Lara Bothur wird hingegen eine Trumpf-Karte gespielt: Die „One Face to the Social Media“-Strategie. Ihre Aufgabe: Die Sichtbarkeit von Deloitte im Tech-Bereich über LinkedIn zu erhöhen. Ihre Zielgruppen: Klienten, Prospects wie potentielle Berater – also eine starke Mischung aus Social Selling und Employer Branding.

Julie Sweet, Chair & CEO Accenture

Wer einen Social CEO im Professional Services sucht, findet Julie Sweet, (Chair & CEO Accenture). Schon ihre enorm hohe Followerzahl von mehr als einer viertel Million sticht ins Auge.
Zum Vergleich: Der CEO von BCG, Christoph Schweizer, kommt auf 33.021 Follower. Sein Counterpart bei McKinsey, Bob Sternfels, startete seinerzeit in seine neue Rolle mit nur 332 Kontakten. Mittlerweile bringt er es auf 18.094 Kontakte.

Julie Sweet, CEO & Chair Accenture (Bild: Accenture)

Was ist das Rezept von Julie Sweet? Sie lebt die Erfolgsformel für eine wirksame Positionierung: „Strategie x Kongruenz x Persönlichkeit x Konzept x Botschaft.

So betreibt sie überzeugendes Agenda Setting. Statt thematisches Allerlei vertritt sie klare inhaltliche Schwerpunkte. Als oberste Markenbotschafterin greift sie auf Accenture-Content zurück. Zusätzlich setzt sie gezielt eigene Akzente – etwa indem sie Auszeichnungen, Presse-Coverage oder Podcasts promoted.

Julie Sweet beweist CEO Aktivismus und Haltung. Denn auch auch für Unternehmensberatungen und die Big Four hat Friedmans Forderung: „The business of business is business“ ausgedient. So enthält ihr Feed Statements zum Angriffskrieg auf die Ukraine, Afghanistan, 9/11, COVID19 oder LGBT. Und natürlich kommentiert sie als eine der wenigen Top-Frauen der Branche Women Empowerment.

Bei Themen, die ihr wichtig sind, verzichtet sie zuweilen bewusst auf Bilder – etwa in ihrem Post zum Tod von Madeleine Albreight. Für diesen erhält sie 4.165 Likes – wiewohl der LinkedIn-Algorithmus sonst Bilder bevorzugt.

Gleich verfuhr sie zum Tod der Ikone Ruth Bader Ginsburg. Julie Sweet brauchte nur 5,5 Zeilen, um ihren Respekt und die Lehren für Gender Equality zu beweisen.

Beides klare Zeichen, dass nicht nur laute, sondern leise Posts erfolgreich sein können.

Barbara Schafarczyk, Alliance Manager für SAP bei Capgemini

Selbst Kollegen nennen Barbara Schafarczyk mittlerweile nur noch „B“ – so wie sich die Alliance Managerin für SAP bei Capgemini auf LinkedIn nennt.
Die Powerfrau aus Polen hat sich eine „made to stick“-Personenmarke geschaffen.

Barbara Schafarczyk, Capgemini

2019 führte ein Training samt Auszeichnung als „Outstanding Woman in Leadership“ bei ihr zum inneren Durchbruch. Seither ruhen ihre Accounts bei Instagram und Facebook. Stattdessen interagiert sie mit ihrer Community auf LinkedIn – und das mit Leidenschaft.

Barbara Schafarczyks Feed profitiert von Klarheit. Dazu hat sie den „Creator“-Modus bei LinkedIn aktiviert. Auf den ersten Blick signalisiert sie ihren Followern ihre Herzensthemen:
#csr, #sap, #diversity, #socialmedia, und #personalbranding.

Wie die Corporate Influencerin Lara Bothur baut sie auf die „drei S“: Storytelling, Smartness und Selfies. „B“ beweist hohe Kontinuität von zwei bis drei Posts wöchentlich. Dazu erstellt sie einen monatlichen Content-Plan.

Sie bezeichnet sich selbst als „Aktivistin“. Das zeigt ihr eindringliches Video zum „Global Gender Gap Report 2022.“ Ihre Employer Branding-Posts wie etwa der zur Hannover-Messe „But B, job is just a job!? Or not? erhalten auch deshalb über 100 Likes, weil man ihr glaubt, ihr vertraut.

Barbara Schafarczyks Feed lebt von Authentizität. Wer sich ihren Post zu Oscar Wildes‘ Rat „Be yourself; everyone else is already taken” ansieht, merkt: Da springt niemand auf den Authentizitätshype auf. Sie ist echt.

Ihre Tipps, die sie zum Thema Personal Branding gibt, reflektieren ihre lange Berufs- und Managementerfahrung. Und weil sie „echt“ ist, kann sie sich Ironie und Sarkasmus erlauben – etwas, was sonst auf LinkedIn eher schwierig ist.

Dass sie ihr Heimatland Polen liebt, zeigt sie. Ihr Post „So B, why do you always spend holidays in Krakow / Poland, and don’t visit all these amazing places in the world?“ schafft den dreifachen Salto. Er baut nicht nur Emotionalität auf, sondern integriert ihre Female Empowerment-Überzeugung und den Aufruf, sich im Krakauer Büro zu bewerben.

Chapeau – denn ihren Feed inklusive Video- oder Collagen-Produktion stemmt sie komplett alleine. Die sechs bis sieben Stunden, die sie wöchentlich für ihre Sichtbarkeit auf LinkedIn benötigt, sind ihr privates Investment.

Julie Teigland, EMEIA Area Managing Partner von EY

Auch der Account von Julie Teigland, EMEIA Managing Partner von EY, besticht durch inhaltliche Klarheit. Natürlich postet sie auch Corporate-Klassiker. Ansonsten liegt ihr spitzer Fokus auf Climate Change/ESG sowie Women in Leadership/Diversity.

Julie Teigland, EMEIA Area Managing Partner von EY (Bild: EY)

Für die Branche auffällig zurückhaltend ist sie mit dem Posten von EY-Studien. Stattdessen bleibt sie thematisch maximal konsistent und konsequent. Das kommt bei ihren Followern an.

Was ihren Feed ebenfalls auszeichnet? Ihr Verständnis für die Wirkmacht von Bildern – eben „Ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte“.

Julie Teigland nutzt die Bilder als starkes Tool gegen Abstraktion und Austauschbarkeit auf zwei Ebenen. Zum einen auf der Power-Ebene, indem sie sich in ihrer EY-Funktion auf Meetings wie dem World Economic Forum (WEF) in Davos oder der #VivaTech in Paris präsentiert.
Zum anderen emotionalisiert sie gezielt. Beispiele sind ihre individuellen Oster– oder Muttertagsgrüße. Sie verwendet ästhetisch inszenierte Selfies mit ihrer Familie. Für diese erhält sie mehr als 1.240 respektive 690 Likes. Sie spielt mit persönlichen Elementen, um Nahbarkeit zu erzeugen. Die Grenze zum Privaten überschreitet sie nie.

Fazit: Personal Branding zahlt sich für female consultants messbar aus

Gleich, ob Beraterinnen extrovertiert oder introvertiert sind: Sichtbarkeit und klare Positionierungen zahlen sich immer aus. Wer auf rollenauthentischen Content und Nahbarkeit setzt, erzielt eine hohe Glaubwürdigkeit. Und Vertrauen – Trust – ist eine starke Währung.

Gerade weil im Consulting der „War for talents“ aktuell so heftig tobt, ist es jetzt eine gute Zeit zu starten. Wer als female consultant noch oben gelangen will, kommt um strategisches Personal Branding nicht herum.

Hier können Sie sich das PDF herunterladen:


Autorin: Susanne Mathony

Susanne Mathony
Susanne Mathony

Die Positionierung von Marken und Menschen sind meine Leidenschaft. Seit mehr als zwei Jahrzehnten lebe ich mit CEO-Positionierung, strategischer Marketing- und Kommunikationsberatung, PR und Business Storytelling meine Berufung aus.
Hinzugekommen ist 2014 die Social Media-Beratung. Hier liegt der Schwerpunkt auf dem #SocialCEO sowie dem Personal Branding und -Positioning von Vorständen und Teams auf LinkedIn.Meine Heimat ist Professional Services. Auf GSA- und EMEA-Ebene arbeitete ich u.a. für AlixPartners, Andersen Consulting (heute Accenture), Strategy& sowie Russell Reynolds Associates.
Als Politologin und ausgebildete Journalistin startete ich meine Karriere in einem Think Tank in Washington D.C..


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